Wickel und Auflagen
Die Geschichte der Wickel ist so alt wie die Menschheit selbst. Jede Hochkultur kannte das Wirkprinzip der äußeren und innerlichen Anwendung von Pflanzenextrakten zu Heilzwecken. Wickel schenken neben ihrer „medizinischen Wirkung“ zusätzlich aufmerksame Zuwendung, Berührung und Nähe, sie sprechen die Sinne an, durch feine Düfte, angenehme Wärme und geben das Gefühl von Geborgenheit. Das alles kommt der Genesung zugute und die Menschen kommen zur Ruhe. Wickel müssen korrekt angewendet werden und die Kontraindikationen beachtet werden, sonst kann die Anwendung eher schaden als nützen (verbrühen, auskühlen, Allergien auslösen u.v.m.). Es ist deshalb wichtig, sich Wissen praxisnah in Kursen bzw. in einer Ausbildung anzueignen.
Über die Haut als unser größtes Sinnesorgan wird ein warmer oder kalter Reiz von außen gesetzt. Durch den äußeren Impuls kommt es zu einer Reaktion im Inneren des Körpers.
– die physikalische Wirkung: durch einen lokalen Kälte- oder Wärmereiz führt es über nervös reflektorische Bahnen zu einer Beeinflussung der Durchblutungssituation und einer Wärmeumverteilung des Körpers. Außerdem verbessert es sie Stoffwechselsituation, wirkt schmerzlindernd und muskelentspannend.
– Bei Wärme: die Haut, die feinen Nervenzellen und die Muskeln werden verstärkt durchblutet. Dadurch lösen sich körperliche Verkrampfungen und seelische Anspannungen.
– Bei Kälte: Die Blutgefäße verengen sich, Schwellungen und entzündliche Prozesse gehen zurück. Nach der Kälteanwendung kommt es zu einer Erweiterung der Gefäße, dadurch entsteht Wärme.
– Psychosoziale Wirkung: Die äußeren Anwendungen lassen Gefühle von Geborgenheit und Wohlbefinden erkennen. Der Patient kommt zur Ruhe. Dies wirkt beruhigend und entspannend für Körper und Seele.
– Phytopharmakologische Wirkung (Wirkung pflanzlicher Arzneimittel): ist abhängig von der gewählten Substanz, d.h. es variiert die spezifische Heilwirkung von Entspannung oder Anregung.
Die Heilmittelwirkungen lassen sich wie folgt zusammenfassen:
– feucht-heiße Wickel wirken bei muskulären Verspannungen und Organschwächen. Durch den intensiven Wärmereiz kommt es reflektorisch zu einer erhöhten Durchblutung der tieferen Hautschichten bzw. der betroffenen Organe. Z.B. Schafgarben- Leberwickel, Ackerschachtelhalm- Nierenwickel, Kamillen- Bauchwickel, Pulswickel, Zitronenwasser- Brust-, Rücken- oder Halswickel.
– Feucht- kalte Wickel. Bei Störungen im Flüssigkeitsorganismus bie Ödemen, Stauungen, Schwellungen. Es findet eine Umverteilung und Anregung des Wärmeorganismus statt. Z.B. Prießnitz Wickel, Halswickel mit Zitronenscheiben, Topfenauflagen usw.
– Kalt- trockene Wickel sind angesagt bei Störungen im festen Organismus und haben eine stark analgetische (schmerzlindernde) Wirkung. Z.B. Topfen, Heilerde.
– Warm- trockene Wickel wirken bei chronischen Entzündungen, Verspannungen bzw. in den Kältezonen (Störungen im Wärmeorganismus). Gegenanzeigen sind akute Entzündungen. Z.B. Ölwickel mit Kamille, Lavendel, oder anderen Ölen.
Materialienauswahl
Als Materialien verwendet man natürliche Fasern: Leinen, Baumwolle, Seide oder Wolle.
- Außentuch. Es sollte lang genug sein, um das zu umwickelnde Körperteil großzügig zu umschließen, am besten eignet sich Wolle, Frottier- oder dickes Moltontuch.
- Innentuch. Es sollte aus Leinen oder Baumwolle bestehen. Es eignen sich auch Frottierhandtücher oder Moltonstoff.
- Substanztuch: es sollte gut waschbar sein, da es Träger der Wirksubstanz ist. Gut eignet sich eine Mullwindel oder eine Stoffwindel, es wird auf die gewünschte Größe gefaltet.
- Trockentuch. Dafür ist ein kleines Frottiertuch oder eine Stoffwindel geeignet. Das Trockentuch wird direkt auf das Substanztuch gelegt. Beide werden nach der Einwirkzeit gemeinsam herausgenommen.
- Heilmittelfindung: es bedarf einer guten Beobachtung, um zu entscheiden, welche Substanz, welches Medium nehme ich, welche Dosis ist richtig, wie lange und wann ich den Wickel anwende. D.h. nicht nur die Vorbereitung, auch das Zeil der Behandlung muss klar sein. In der Nachsorge beobachtet man die Atmung, den seelischen Zustand eventuelle Hautveränderungen und Ausscheidungen.
- Vorbereitung des Patienten: immer informieren, was, wann, wie gemacht wird; warme Extremitäten, ev. Wärmeflasche an die Füße, bequeme Lagerung, gelüftetes Zimmer, ruhige Atmosphäre, vorheriger Toilettengang.
Auflagen, Kompressen und Kataplasmen
Auflagen und Kompressen werden im Gegensatz zu Wickeln nicht zirkulär angelegt, das Innentuch ist auf eine bestimmte Körperpartie begrenzt.
– Auflagen bedecken größere Flächen wie Bauch und Nieren. Z.B. Heublumen, Kartoffeln
– Kompressen legt man auf kleine Partien an wie Augen, Ohren oder Herz. Salzwasser, Thymianölkompresse.
– Kataplasmen sind Brei- oder Pastenumschläge aus Pflanzenpulver oder –samen (Bockshornkleesamen, Leinsamen). Sie können auch als Auflagen/ Kompresse platziert werden. Umgangssprachlich werden Kataplasmen einfach „Päckchen“ genannt. Z.B. Zwiebelpackung, Leinsamenkompresse. Sie können sowohl aus frischen als auch aus getrockneten Pflanzen angefertigt werden. Frische Blätter, Stängel, Wurzeln oder Samen werden fein gequetscht, getrocknete Pflanzen im Mörser zerstoßen, damit die heilsamen Bestandteile austreten. Die beste Wirkung tritt ein wenn morgens und abends je eine (meistens warme) Packung aufgelegt wird.
Auflagen und Kompressen werden mit einem Heilteeaufguss, einer verdünnten Tinktur oder einer Mischung aus einigen Tropfen ätherischen Ölen (in Wasser verschüttelt oder mit fettem Öl gemischt) hergestellt.
Die Firma Wickel&Co aus dem Allgäu macht aus Natur-Materialien verschiedene Wickelsets für Kinder und Erwachsene und vertreibt sie über die Bahnhof Apotheke in Kempten.
Eine sehr gute, kleine Broschüre vom Deutschen Naturheilbund gibt Gesundheitstipps zum Hausgebrauch und beschreibt das Anlegen verschiedener Wickel in der Broschüre „Wickel und Auflagen heute“.